Die Rückkehr der „Realpolitik“

Der große Welterklärer Peter Scholl-Latour fordert wieder einmal eine Rückkehr zur „Realpolitik“ ein, nachdem die naiven Neocons mit ihrem „Demokratie-Zirkus“ gescheitert seien.

Hält man seiner Forderung nach einem Abzug aus Afghanistan das Argument entgegen, dass die Al Qaida und die Taliban dann wieder ihre Terror- und Unterdrückungs-Basis erhielten, werden einem vom großen Welterklärer folgende Fragen (die er auch gleich selbst beantwortet) im empörten Ton entgegengeschleudert:

„Wer hat denn die Al Qaida erschaffen? Die Amerikaner, um die Sowjets im Afghanistankrieg zu bekämpfen.“

„Wer hat denn die Taliban erschaffen? Die Amerikaner, um den afghanischen Bürgerkrieg zu beenden.“

Weder Al Qaida noch die Taliban waren jedoch in irgendwelchen neokonservativen amerikanischen Labors gezüchtet worden, sondern die USA (zunächst die Carter-Administration und später die Clinton-Administration) hatte – den Weg des geringsten Widerstands suchend –  in idealtypisch „realpolitischer“ Manier das genommen, was gerade zur Verfügung stand, um ihre Ziele zu erreichen, ohne dabei einen einzigen Soldaten opfern zu müssen. (man hatte aus Vietnam die „richtigen“ Lehren gezogen)

Was könnte man besser als „Realpolitik” bezeichnen als diese indirekte Bekämpfung des sowjetischen Feinds durch die Unterstützung irgendwelcher dubioser Gruppierungen vor Ort (aus denen später tatsächlich die Al Qaida und die Taliban hervorwuchsen)

Carters Berater Zbigniew Brzezinski, heute im Obama-Team, ist immer noch mächtig stolz auf seine schlaue Politik von damals.

Wenn man seiner Narrative folgt, nach der durch seine genialen Pläne der Sturz des Kommunismus eingeleitet worden sein soll, erscheinen andere „realpolitische“ Meisterzüge wie die Operation Ajax, die angeblich nur eine läppische Million Dollar  gekostet haben soll, oder Kissingers Unterstützung von Pinnochets Putsch gegen Allende als kleine Würfe.

pinnochet

Bushs und Blairs hehre „neokonservative“ Ziele, den „edlen Wilden“, die „westliche Demokratie“ aufzuzwingen, mögen naiv gewesen sein – die „realpolitische” taktische Unterstützung der Mudschaheddin, aus denen später die Al Qaida hervorging (um ohne eigenes Blutvergießen die UdSSR zu bekämpfen) u. Taliban (um ohne eigenes Blutvergießen den Bürgerkrieg zu beenden) fallen jedoch eindeutig unter die Carter bzw. Clinton Ära.

Werden die USA unter Obama abziehen und das Feld den „gemäßigten Taliban” überlassen, wird natürlich auch nicht er schuld an ihrer wohl darauffolgenden Schreckensherrschaft sein, sondern der naive Bush und die verschlagenen Neocons bzw deren zukünftige Nachfolger.

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10 Antworten to “Die Rückkehr der „Realpolitik“”

  1. mrbaracuda Says:

    Ich schau grad die Anne Will-Sendung und lol, der Mauermörderparteiaffe Gysi hat wieder sein Klatschvieh mitgebracht.

  2. Self-fulfilling prophecy « Aron Sperber's Weblog Says:

    […] Schuld wäre natürlich nur Bush gewesen, denn hätte der Saddam nicht abgesetzt, wäre alles noch bestens. […]

  3. aron2201sperber Says:

    http://www.historycommons.org/entity.jsp?entity=zbigniew_brzezinski

  4. Der Weltschachspieler und seine Bauern « Aron Sperber's Weblog Says:

    […] – ganz so als ob die Unterstützung der Mujaheddin und die Absetzung der Taliban ein und dieselbe Politik […]

  5. Die „Friedens-Präsidenten“ und ihre „Realpolitik“ « Aron Sperber's Weblog Says:

    […] es sich hierbei um Realpolitik in Reinkultur (unter demokratischer Federführung) handelt, wird die Aufzucht der Mudschaheddin […]

  6. Barack Obama - Jimmy Carter reloaded? » Redegefahr Says:

    […] es sich hierbei um Realpolitik in Reinkultur handelte (unter demokratischer Federführung), wurde die Aufzucht der […]

  7. Self-fulfilling prophecies « Aron Sperber Says:

    […] Schuld wäre natürlich nur Bush gewesen, denn hätte er Saddam nicht abgesetzt, wäre alles noch bestens. […]

  8. Westliche Wertepolitik für Muslimbrüder? | Aron Sperber Says:

    […] wenn die Interessenlage für die USA völlig unklar ist, soll die USA statt auf Realpolitik auf einmal doch wieder auf Wertepolitik […]

  9. Islamisten hat der langjähriger Berater des US-Präsidenten, Zbigniew Brzezinski, höchstpersönlich rekrutiert, hier in Pakistan in 1979, seine Kollegin die US-Außenministerin Hillary Clinton erklärt die Motive von Herrn Brzezinski, Reagan und US-Kong Says:

    […] so, als ob die Unterstützung der Mujahideen und die Absetzung der Taliban ein und dieselbe Politik […]

  10. Islamisten hat der langjähriger Berater des US-Präsidenten, Zbigniew Brzezinski, höchstpersönlich rekrutiert, hier in Pakistan in 1979, seine Kollegin die US-Außenministerin Hillary Clinton erklärt die Motive von Herrn Brzezinski, Reagan und US-Kong Says:

    […] so, als ob die Unterstützung der Mujahideen und die Absetzung der Taliban ein und dieselbe Politik […]

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