Was ist Grass?

Ich bleibe dabei, dass es darum gehen sollte, die Ansichten von Grass als falsch und gefährlich zu entlarven, statt die Frage zu klären, ob es sich um einen „Antisemiten“ handle:

http://americanviewer.wordpress.com/2012/04/06/gunter-grass-ein-lupenreiner-antisemit/

Das Internet ist, wie wir wissen, voll von „Truthern“ und „Antizionisten“, die genau dieselben Ansichten wie Grass vertreten:

http://lindwurm.wordpress.com/2012/04/06/typisch-judenlobby/

Indem man sie einfach nur als Antisemiten abkanzelt, ermöglicht man es ihnen, die Opfer zu spielen, deren „Wahrheit“ von der „Antisemitismus-Keule“ zum Schweigen gebracht werde.

Grass konnte durch Broders Antisemitismus-Vorwurf alle anderen Vorwürfe ausblenden, die gegen seine kruden Thesen vorgebracht wurden, auch wenn seine Behauptung, dass über den Inhalt seines Gedichts nicht diskutiert werde, durch unzählige Artikel widerlegt wurde.

Was für ihn und seine Gesinnungsgenossen stehen bleibt (und genau darum ging es Grass), ist die im Gedicht aufgestellte Behauptung, dass man als Deutscher Israel nicht kritisieren dürfe.

Ist es daher zutreffend, Grass als Antisemiten zu bezeichnen?

Grass ist in erster Linie ein deutscher Linker, der den Amerikanern nie verzeihen konnte, dass Hitler von ihnen und nicht von einem deutschen linken Widerstandskämpfer (der er im Nachhinhein gern gewesen wäre) besiegt worden war…

https://aron2201sperber.wordpress.com/2011/03/15/bekampfte-die-raf-den-faschismus/

…und der von den Siegern dann auch noch zu gut behandelt worden war.

Die sowjetische Herrschaft über die DDR war für ihn eine angemessene Behandlung für die sündigen Deutschen (auch wenn er natürlich nie so blöd gewesen wäre, jemals selbst in die DDR auszuwandern).

Wie auch andere westdeutsche Linke war er daher ein vehementer Gegner der Wiedervereinigung.

Den Amerikanern und der BRD machte die westdeutsche Intelligenzija besonders gerne den Vorwurf, zu nachsichtig mit den ehemaligen Nazis umgegangen zu sein (dass man vielleicht selbst bei der SS dabei war, verschwieg man dezent).

Die 68er inszenierten sich selbst als große Entnazifizierer:

https://aron2201sperber.wordpress.com/2011/09/23/die-ambivalenten-entnazifizierer/

Der SS-Mann Grass war einer, der den “USA-SS” schreienden 68ern zumindest wohlwollend gegenüberstand.

Israel wurde von den Linken später mit Amerika mitgefangen.

Wenn kein Präsident wie Bush verfügbar ist, gegen den den man seine Ressentiments ungehemmt ausleben kann, richtet sich der Hass eben gegen Israel.

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11 Antworten to “Was ist Grass?”

  1. Hans Says:

    Für die deutsche Linke war und ist Amerika und Israel der Hauptgegner. Die viel stärkeren Menschenrechtsverletzungen in den früheren kommunistischen Staaten und jetzt in den islamischen Gottesstaaten wurden im wesentlichen ignoriert.

    Ihr moralisches Recht und ihre moralische Überheblichkeit hat nicht nur die Einzelperson Grass verspielt, sondern auch die gesamte deutsche Linke.

  2. zrwd Says:

    lieber Aron, du rennst offene Tore ein. Üblicherweise erfolgt die Widerlegung des Waffen-SS Genossen auf sachlicher Ebene, bevor dann das vollauf begründete Urteil gefällt wird, dass es sich im Falle des Waffen-SS Kameraden um einen lupenreinen Antisemiten handelt. Grass hat sich damit selbst demontiert und ich warte ungeduldig darauf, dass gleiches auch der Hitlerjunge Habermas tun wird. Leider hat er sicherheitshalber einen gewissen Zettel gefressen.

  3. American Viewer Says:

    Ich bleibe dabei, dass es darum gehen sollte, die Ansichten von Grass als falsch und gefährlich zu entlarven, statt die Frage zu klären, ob es sich um einen “Antisemiten” handle.

    Indem man sie einfach nur als Antisemiten abkanzelt, ermöglicht man es ihnen, die Opfer zu spielen, deren “Wahrheit” von der “Antisemitismus-Keule” zum Schweigen gebracht werde.

    Jetzt wird mir klarer, was du meinst. In diesem Punkt hast du sicherlich Recht. Einfach nur sagen, Grass ist ein Antisemit, um sich nicht mit seinen Punkten auseinandersetzen zu müssen, wäre falsch.

    Dein Vorwurf geht aber ins Leere, denn das macht ja niemand. Im Gegenteil. Broder zum Beispiel setzt sich inhaltlich am genausten von allen mit dem Gedicht auseinander. Du ziehst künstlich einen Widerspruch, wo gar keiner besteht.

    Du scheinst zu wollen, dass man sich mit dem Inhalt des Gedichtes zwar auseinandersetzt, aber bitte nur so, dass man die Antisemiten nicht verärgert.

  4. aron2201sperber Says:

    Mein Broderianertum solltest du nicht anzweifeln 😉

    natürlich war sein Artikel sehr gut und setzte sich sehr wohl mit dem Inhalt des Gedichts auseinander, auch wenn Grass das Gegenteil behauptet.

    hätte er der Versuchung widerstanden, Grass als Antisemiten zu bezeichnen, hätte er ihn jedoch völlig entwaffnet.

    so gabe er ihm die Möglichkeit, das arme Opfer zu spielen:

    http://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article106160221/Ein-autoritaerer-Knochen-spielt-verfolgte-Unschuld.html

    den zweiten Artikel fand ich wie üblich total genial – ein wenig versuchte er dabei sogar selbst von der „Antisemitismus“-Frage wegzukommen:

    Lassen wir es dahingestellt, ob Günter Grass ein Antisemit ist oder ein „Freund“ des Landes Israel, dem er sich „verbunden“ fühlt. Erstens gibt es für „Antisemitismus“ keine physikalische Definition wie „Watt“, „Volt“ oder „Ampere“. Zweitens schließt das eine das andere nicht aus. Jeder Antisemit hat „jüdische Freunde“, auf die er sich oft und gerne beruft, vor allem, wenn es jüdische Selbsthasser sind, hinter denen er sich verstecken kann.

    zumindest in den ersten 2 Sätzen 😉

  5. aron2201sperber Says:

    Ein sehr guter Beitrag bei FDOG:

    http://fdogblog.wordpress.com/2012/04/05/grass-totschweigen/

  6. dieter Says:

    Auf Lindwurms Blog habe ich zum Fekter-Juden-Eklat folgendes geschrieben:

    „Die linken Anti-Anti-Semiten lieben den Juden als hilfloses und armes Opfer. Der sich behauptende und militärische Jude kommt bei ihnen gar nicht gut an, wird aber mental als Zionist oder Israeli abgespalten
    Wirtschaftlicher Erfolg wird pauschal mit Ungerechtigkeit und Privilegierung erklärt. Der wirtschaftliche Erfolg von Juden muss daher geleugnet werden.
    Die Abgrenzung zum expliziten Antisemitismus steht bei antiimperialistischen und antikapitalistischen Linken also auf sehr wackeligen Beinen. Daher gibt es auch nicht wenige, die wie Horst Mahler den Schritt auf die andere Seite tätigen. Was bei solchen Leuten als unerklärliche 180-Grad Wendung dargestellt wird, ist bei genauerer Betrachtung nur ein kleiner Schritt.“

    Die Linke ist antiamerikanisch aus dem einfachen Grund, dass die USA stark und erfolgreich sind. Erfolg erklärt sich für sie automatisch durch Ausbeutung und Unterdrückung der Erfolglosen. Machtverhältnisse werden als Einbahnstraße wahrgenommen. Nur die Starken sind verantwortlich. Linke neigen daher auch dazu Machtverhältnisse zu übertreiben und Machtverhältnisse zu erfinden, wo es keine gibt.

    Aus dem gleichen Grund ist die Linke gegen Israel. Für Grass ist Israel die Gefahr, weil es eine Atommacht ist und weil ein Angriff auf die Anlagen des Iran seiner Einschätzung nach einen GAU wie in Fukushima erzeugen könnten. Achmadinedschad sei lediglich ein harmloser Maulheld.

    Die anti-deutsche, prozionistische Linke, sowie die Neokonservative Linke sehen Israel wiederum als Opfer eines weltweiten antisemitischen Komplotts und unmittelbar von einem nächsten Holocaust bedroht.

    In der Praxis sind die Machtverhältnisse im Nahen Osten wesentlich ausgewogener und komplexer, als es beide Formen der Linken in ihrem einfachen Weltbild einordnen können. Wäre es anders, dann hätten wir nicht seit Jahrzehnten eine Pattsituation. Die Palästinenser haben Gaza bekommen. Israel kommt mit seinen Ambitionen territorialer Ausbreitung nur kleinweise, Siedlung für Siedlung voran. Sonst tut sich nicht viel.

    Zur Linken hat Manfred Kleine Hartlage einen hervorragenden Vortrag gehalten. Nietzsche wusste es schon vor über hundert Jahren, bezeichnete die gleiche Einstellung als „christliche Sklavenmoral“.

  7. aron2201sperber Says:

    @dieter

    ich habe mich früher als sehr links empfunden (Che Guevara-Shirt, etc.)

    aus familiären Grüden (Mutter Halbjüdin) war ich jedoch Pro-Israel (was mich jedoch nicht hinderte, ein Pali-Tuch zu tragen, das mir ein lieber palästinensischer Freund geschenkt hatte)

    auch aus familiären Gründen (Stiefvater) war ich sehr Pro-Serbien (was mich nicht daran hinderte, seine zunächst gegen Deutschland und später gegen die USA gerichteten Verschwörungstheorien in Frage zu stellen):

    „Gut“ und „Böse“ im Balkankrieg

    wäre daher wohl so etwas wie ein „Antideutscher Linker“ gewesen, wenn ich gewußt hätte, dass es so etwas gibt.

    Als ich im Internet-Zeitalter über die „Antideutschen“ erfahren habe, war Elsässer bereits Antizionist

    Gott sei Dank ist es mir erspart geblieben, einen Typen wie Elsässer als Polit-Guru anzusehen und mich nachträglich dafür schämen zu müssen:

    Der „Ur-Antideutsche“ und seine „Antideutschen-Keule“

    von der deutschen zur jüdischen Weltverschwörung ist es eben nur ein kleiner Schritt.

    nach 9/11 und der Reaktion vieler Linker darauf, habe ich begonnen, nicht nur die Position der Linken zu USA und Israel zu hinterfragen, sondern auch andere meiner linken Gewissheiten.

    fühle mich zwar nicht als Rechter, habe jedoch in einigen Punkten meine Ansichten geändert und mir auf jeden Fall viele meiner linken Reflexe abgewöhnt.

    Linke verzichten gerne aufs Argumentieren und schmeißen lieber mit Worten wie „Rassist“ etc. um sich.

    ich hatte einen Blog-Stalker, der mich auch stets als Rassist diffamiert hat:

    http://aronspeiber.wordpress.com/

    ich habe jedoch der Versuchung widerstanden, mich auf sein Diskussions-Niveau zu begeben und ihn als „Antisemiten“ zu bezeichnen, sondern habe stets versucht sachlich bzw. humorvoll zu bleiben:

    Mein rechter Besucher und mein linker Stalker

    ich glaube, dass hat ihn schließich zermürbt 😉

    • dieter Says:

      Ich will die Linke übrigens nicht pauschal verteufeln. Der Kampf gegen den Spätfeudalismus war links, sowie Liberalismus, sowie Wirtschaftsliberalismus und Nationalismus waren linke Lösungsansätze.

      Nur ist die Linke, wie Hartlage bemerkt, immer noch nicht zufrieden und sieht heute überall feudale Strukturen, wo es gar keine gibt. Z.B. in der Berufswahl von Frauen, oder in der Vorstellung, die Bildungsbürger würden Bildung monopolisieren und den Bildungsfernen vorenthalten.

      ****

      Der Einsatz für Frauen und Freiheit im Islam sind, sofern ernst gemeint, auch (unter anderem) linke Anliegen.

      In der vermeintlich rechtspopulistischen Islamkritk spielen auch viele linke Affekte mit. Auch eine René Stadtkewitz oder ein Mark Steyn machen den Westen für die Zustände in der islamischen Welt und Parallelgesellschaft verantwortlich. Sie sind nur pro-westlich in Bezug auf einen idealisierten Westen. Stadtkewitz jammert ständig, dass die mittelalterlichen Verhältnisse in der Parallelgesellschaft dem „Wegschauen“, dem „nicht darüber reden“ von Merkel&Co geschuldet seien.
      Steyn und andere meinen, dass die Kairoer-Rede Obamas wahnsinnig wichtig wäre und seine Wortwahl für das Erstarken der Muslimbruderschaft verantwortlich wäre.

      Bis zu einem gewissen grad (aktiver Multikulturalismus) ist das plausibel, aber letztlich brauchen die Muslime den Westen nicht, um an einer tausendjährigen Kultur fest zu halten.

  8. . Says:

    Günter Grass : Du hast nicht gesagt
    http://www.box.com/s/27b5b91595cfea5fff05
    …………………………………………………..
    Myriam Monsonego : Der Tod der Blume
    http://www.box.com/s/eb129fe54f357c14b6d2
    ……………………………………………………
    Katajun Amirpur und Navid Kermani :
    Die fanatischen Mohammedaner und Antiiraner
    http://www.box.com/s/5p47gk5xonfdhc7cirut

  9. Tourix Says:

    Der Skandal um Grass hat nun politische Konsequenzen zur Folge.
    Die UN verhängen Tinten- und Pfeifentabakembargo gegen Günter Grass !
    http://www.der-postillon.com/2012/04/un-verhangen-tinten-und.html

  10. Die Bürde, ein “Günter” zu sein « Aron Sperber Says:

    […] https://aron2201sperber.wordpress.com/2012/04/06/was-ist-grass/ […]

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