Die Fakten zu Rubygate:
Berlusconi wurde von einem seiner Flittchen (einer brasilianischen Prostituierten) angerufen, um fuer ein anderes seiner Flittchen, das wegen Diebstahls in U-Haft sass, zu intervenieren…
…was Berlusconi auf eine extrem vertrottelte Art und Weise auch tat.
Das waere wohl (zu Recht) in jedem anderen zivilisierten Land der Welt fuer einen Politiker ein Ruecktrittsgrund (zumindest wenn es sich nicht wie bei Blowjob-Bill um einen linken Liebling gehandelt haette).
Fuer einen strafrechtlichen Prozess waere die Suppe jedoch wohl in jedem anderen zivilisierten Land der Welt zu duenn gewesen:
Es gab keine Beweise,
- dass Berlusconi mit der Minderjaehrigen Sex gehabt hatte
- dafuer gezahlt hatte
- dass er von der Minderjaehrigkeit der 17jaehrigen gewusst hatte
- und dass er durch seinen (peinlichen) Anruf Beamte zum Amtsmissbrauch (der trotz des Anrufes auch nicht stattgefunden hatte, weswegen er auch nur wegen Versuch verurteilt wurde) angestiftet hatte.
Saemtliche Zeugen sagten zu seinen Gunsten aus, was zur Folge hat, dass nun gegen ueber 30 Personen (darunter auch die Beamten, die eben keinen Amtsmissbrauch fuer Berlusconi begangen hatten) wegen falscher Zeugenaussage ermittelt wird.
Hetten die Beamten, denen das Gericht keinen Amtsmissbrauch nachweisen konnte, einfach trotzdem gegen Berlusconi ausgesagt, waere es fuer sie wesentlich unriskanter gewesen.
Selbst wenn man trotz all dieser Argumente fuer einen Freispruch (aus Mangel an Beweisen) von seiner Schuld ausgeht, ist das Urteil voellig unverhaeltnismaessig.
Wuerde man alle Italiener, die mit minderjaehrigen Prostituierten schlafen, gleich behandeln, muesste man hunderte neue Gefaengnisse bauen.
Wie hoch muesste in Italien wohl die Strafe fuer einen Roman Polanski sein, der eine 13jaehrige vergewaltigt hatte?
Wenn fuer einvernehmlichen Sex mit einer 17jaehrigen 7 Jahre angemessen sind, kann es eigentlich nur Lebenslaenglich sein.
Einen Skandalpolitiker kann man abwaehlen (auch wenn das in Italien aufgrund der Unfaehigkeit der Opposition schwierig ist).
Eine Skandaljustiz, die nach Lust und Theorie urteilt, ist ein tiefgreifenderes Problem.
Sogar Italiens Tageszeitungen, die nicht gerade zu Berlusconis Freunden gezaehlt werden koennen, waren von der Eigenmacht der italienischen Justiz einigermassen verbluefft.
Schlagwörter: Berlusconi
Juni 26, 2013 um 7:11 pm |
Das Urteil ist doch noch nicht rechtskräftig, oder? Durch wieviele Instanzen kann sich Bungalusconi denn noch klagen? Am Ende kommen wahrscheinlich 2 Jahre auf Bewährung raus…
Juni 26, 2013 um 8:53 pm |
2 Instanzen noch, wobei die 2. Instanz 50 % der verurteilten wieder freispricht, was schon einiges ueber das aleatorische Prinzip der italienischen justiz aussagt.
oft folgt die 3. Instanz dann wieder der 1. Instanz.
z.B. bei den fuer Bologna verurteilten Terroristen:
https://aron2201sperber.wordpress.com/2010/07/10/vor-30-jahren-in-bologna/
Juni 26, 2013 um 9:11 pm |
Aus den Italienern werde ich nicht schlau. Im Süden fast ein armes Dritte-Welt-Land, im Norden eine boomende Industrie und wohlhabende Regionen. Dazu einer der schlechtesten politischen Kulturen der hoch entwickelten Industrieländer.
Juni 26, 2013 um 9:19 pm |
zumindest fuer die politische Unkultur gibt es historische Erklaerungen:
https://aron2201sperber.wordpress.com/2013/02/20/9740/
Juni 27, 2013 um 10:01 pm |
Vielen, vielen Dank für den Artikel. Sehr informativ.
Juni 28, 2013 um 3:24 pm |
Danke!
wie man am Hand meiner Schreibweise erraten kann, bin ich gerade in Italien auf Urlaub und habe so die Moeglichkeit alle Zeitungen zu lesen,
bis auf die Linksradikalen sind alle einigermassen ueber die eigene Justiz entsetzt.
Februar 7, 2014 um 1:41 pm |
[…] bei Berlusconis “Rubygate” hatte sich schon jene Doppelmoral der Medien […]