Virtuelle Rebellen

Ein paar vernünftige Anmerkungen zur größten künstlichen deutschen Aufregung seit Fukushima:

Übrigens will das auch der Bundesnachrichtendienst (BND). Würden deutsche Spione, etwa in Afghanistan oder vor der Küste Somalias, wo das Leben deutscher Soldaten akut gefährdet ist, als oberste Maxime die Privatsphäre potenzieller Übeltäter schützen, sähe es um die Aufklärungsquote schlecht aus. Und wie war das eigentlich mit den hochmodernen Waffensystemen, die Frankreich noch vor Kurzem an Russland liefern wollte, trotz der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim-Halbinsel? Der BND wertet nur Zeitungen aus – wer’s glaubt, wirkt rührselig.

Vor diesem Hintergrund wirkt die deutsche Geheimdienst-Debatte sehr moralisch, sehr rechtsbewusst und sehr gestrig. Eine bunte Koalition aus vom Internet enttäuschten Netzaktivisten, zeitgeistigen Schriftstellern, Robin-Hood- und Martin-Luther-Verehrern (Edward Snowden als Vorbild an Selbstlosigkeit und Mut: „Hier stehe ich und kann nicht anders“), links-rechten Anti-Amerikanern, Gestapo-Stasi-VolkszählungsMahnern, Digitalisierungs- und Globalisierungsgegnern bläst gewissermaßen zum Kulturkampf und Maschinensturm.

(Malte Lehming – Tagesspiegel)

Niemand verkörpert die Figur des infantilen Maschinenstürmers besser als der Cyber-Punk Sascha Lobo:

Sasch Lobo

In Europa und den USA ist man mit unseren Regierungen, die uns nicht die totale digitale Freiheit garantieren, zwar furchtbar unzufrieden – wirkliche Angst vor einer realen Verfolgung hat man allerdings nicht.

Trotz aller Empörung weiß man ganz genau, dass bei uns wohl kaum irgendwelche Wichtigtuer mit bunten Haaren im Visier der Sicherheitsapparate stehen.

Die Freiheit, die eigene Meinung zu äußern und die eigene Regierung harsch zu kritisieren, war nämlich noch sie so groß wie heute.

Dass diese Selbstverständlichkeit lediglich für die westlichen Demokratien gilt, wird von den Maschinenstürmern gerne ausgeblendet.

Bereits in der Türkei wird man als Regierungskritiker ganz real eingesperrt und in Russland, wohin sich der Jesus der virtuellen Rebellen verkrochen hat, wird man sogar ganz real ermordet.

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28 Antworten to “Virtuelle Rebellen”

  1. American Viewer Says:

    Wenn sich deutsche Medien angeblich um die deutsche Sicherheitsarchitektur sorgen, geht es in Wirklichkeit immer nur darum einen Keil zwischen Deutschland und Amerika zu treiben. Das war schon 1962 (Spiegelaffäre) so und hält bis heute an.

    Deutsche Regierungen springen immer noch zuverlässig über dieses Stöckchen. Langsam sollten sie es doch kapiert haben. Offenbar liegt da ein Intelligenzproblem vor.

    • aron2201sperber Says:

      wenn Typen wie Augstein vom „Verrat an deutschen Interessen“ sprechen, kommt einem das Lachen, Weinen und Kotzen gleichzeitig.

      • American Viewer Says:

        Merkel sollte nicht über diesen Stock springen. Aber Sie glaubt wahrscheinlich, der deutsche Michel will das so. Und vielleicht hat Sie da damit sogar recht. So ist Sie eben, die Stöcklein-Springerin und Fähnchen-in-den-Wind-Halterin.

    • besucher Says:

      Du redest mittlerweile wie Elsässer nur am anderen Ufer. Kommt doch endlich mal wieder in einer vernünftigen Debatte an und seht ein dass die Interessen von D und USA nicht deckungsgleich sind, genausowenig wie wenig sie deckungsgleich mit denen von Israel sind weil lokalpolitische Gegebenheiten oftmals total anders sind.

      Und zu Snowden, na ja, was würde wohl passieren wenn der hier wieder einreist? 😉 Oder was ist mit den 7 Jahren Beugehaft für den „Ober-Verschwörer“ Armstrong (the forecaster), auch kein Glanzstück des Rechtsstaates. Aber man kann natürlich sagen, hey, der Putin schickt sie gleich nach Sibirien. Aber tu-quoque ist kein Argument.

      • American Viewer Says:

        @besucher

        Du redest mittlerweile wie Elsässer nur am anderen Ufer.

        In anderen Worten: Ich stehe nicht auf der Seite von Elsässer. Eine tiefschürfende Erkenntnis…

        Kommt doch endlich mal wieder in einer vernünftigen Debatte an und seht ein dass die Interessen von D und USA nicht deckungsgleich sind,

        Sei doch nicht so kindisch. Das behauptet niemand. Es ist im Gegenteil im ureigensten Interesse Deutschlands, dass deutsche Stellen weiterhin amerikanische Geheimdienstinformationen erhalten. Amerika braucht Deutschland hingegen nicht. Deutschland ist problemlos ersetzbar.

        Deutschland sollte nicht vergessen, wer Koch ist und wer Kellner. Deutsche Politiker und deutsche Medien diskutieren trotzdem weiterhin No-Spy-Abkommen und andere groteske Dinge. Geht es noch weltfremder?

        Vernünftige Debatten führe ich schon immer, du kannst bei Gelegenheit auch damit anfangen, da habe ich nichts gegen. 😉

      • besucher Says:

        Das ist die Frage: In Europa ist Deutschland eher der Koch aber eher als primus inter pares. Eine einheitliche Armee, eine einheitliche europäische Verteidigung und schon kann man vielleicht mal von einer Partnerschaft auf Augenhöhe reden, dann kann sich auch mal der Snowden in Berlin blicken lassen ohne befürchten zu müssen gleich nach Alcatraz verschifft zu werden 😉

      • Olaf Says:

        @Besucher
        Der einzige Zweck der EU ist es, Deutschland auszunehmen wie eine Weihnachtsgans, sonst nix. Es geht nicht um ein vereintes Europa mit einer gemeinsamen Armee, in der womöglich ein deutscher General, französische und englische Truppen befehligt. Das wird nie passieren.

      • besucher Says:

        @Olaf

        Stimmt. Deswegen liegen hier ja auch die verlausten Kinder auf der Straße und die Franzosen und Briten feiern eine Party nach der Anderen. Ironie aus. Dass Deutschland Führungsmacht in Europa ist sollte sich auch schon bei Dir herumgesprochen haben.

      • Olaf Says:

        @Besucher
        Eine Führungsmacht ohne Flugzeugträger, denn dafür reicht das Geld der reichen BRD nicht. Die Briten und Franzosen können sich das aber locker leisten. Da lacht nicht nur der griechische Rentner mit Weihnachtsgeld über die „Führungsmacht“ BRD.

      • besucher Says:

        @Olaf

        Um über den Rhein-Donau-Kanal zu schippern brauchen wir keine Flugzeugträger, wir sollten andere Prioritäten setzen.

    • Carsten Says:

      … einen Keil zwischen Deutschland und Amerika zu treiben. Das war schon 1962 (Spiegelaffäre) so und hält bis heute an.

      Der Franz Josef war zwar gegen eine enge transatlantische Anbindung und hätte eine europäische Sicherheitspolitik mit Frankreich bevorzugt. Das er aber die ganze Affäre deswegen losgetreten hat, glaube ich nicht.

      • American Viewer Says:

        @Carsten
        Das habe ich nicht gemeint. Ich meinte etwas ganz anderes: Der Spiegel hat im Artikel „Bedingt abwehrbereit“ so getan, als gäbe es Streit zwischen Strauss und der amerikanischen Regierungen. Dabei hat es diesen Streit nie gegeben.

        Ich habe kürzlich noch einmal eine gute Analyse zu diesem berüchtigten Artikel gelesen, leider weiß ich im Moment nicht mehr wo.

        Aber das Schema ist seitdem immer das gleiche: Keile sollen zwischen Amerika und Deutschland getrieben werden. Das hatte ich gemeint.

  2. Olaf Says:

    Wenn ich schon den empörten Ströbele, seines Zeichens RAF-Terrorist a.D., in seiner Rolle als Kontrolleur der deutschen Geheimdienste sehe, muß ich schmunzeln. Was für eine grüne Gurken-Republik.

  3. ribi Says:

    aron: diese situation hat vielelicht gutes, da werden manche, auch konservative gutmenschen lernen, dass die usa nicht der liebe große bruder ist, dass stasten keine freunde, sondern interessen haben. ich bin auch dafür, findet wohl auch statt, dass us-ziele abgehört wird, wir haben gerade in der ukraine sicher andere ziele!man soll nicht jammern , sondern reagieren! realismus ist wichtiger als unterwerfung. spionierst du bei mir, mache ich es bei dir! israel verfährt- trotz freundschaft mit den usa- so. eigene interessen sind zu definieren und zu bewahren! geschwafel, wo eh nichts passiert, braucht keiner! zum thema wirtschaftsspionage ist zu sagen, in china finden europ. automobilhertseller sogar gefälschte automobile, muss alles der spionage zu verdanken sein! es gibt halt nicht nur die böse usa, deren fan ich politisch nicht bin, aber einseitige blicke sind immer prioblematisch!lehne ich etwas ab, muss dies für alle gelten! bin ich gegen linke gewalt, aber nicht gegen rechte, ist dies einseitig und verlogen, umgekehrt genauso!!

  4. besucher Says:

    Mit seinen Plattitüden hat der Lehming aber ganz tief in die Trickkiste gegriffen. Es ist doch ein Jammertal!

    • aron2201sperber Says:

      ich fand es hingegen absolut treffend:

      Außerdem würde eine Aufkündigung der Partnerschaft an dem Problem nichts ändern, weil die Amerikaner dann einfach ohne den BND spionieren. Auch darüber kann man sich erregen. Nur sollte die Empörung frei sein von jener Auto-Aggressivität, die sich immer dann einstellt, wenn der Schwächere über den Stärkeren klagt. Und sie sollte frei sein vom Stolz des Asketen, der mit seiner Charakterstärke prahlt, in Wahrheit aber den Schnaps nicht verträgt.

      • Carsten Says:

        Das Problem ist nicht die NSA, die werden in der Tat weiter spionieren. das Problem ist der BND, der anscheinend das Gegenteil dessen tut,, was seine Auufgabe ist.
        Im Gegensatz zu den USA, die immerhin einige Maßnahmen gegen überschrietungen ihrer Geheimdienste im Inland treffen, ist das Aufklärungsvermögen hier eher niedrig.

      • besucher Says:

        Ein beeindruckendes Argument. Dem zufolge können wir uns auch mit China verbünden, da haben wir dann mehr von als wenn die ohne uns eh spionieren.

  5. ribi Says:

    aron; us-kritisch, bei mir jedenfalls, bedeutet nicht, russland oder chinahörig! das handy war sogar eher normal, wenn sollen die abhören, putzfrau mascholke aus wanne-eickel?

  6. besucher Says:

    Ein beeindruckendes Argument. Dem zufolge können wir uns auch mit China verbünden, da haben wir dann mehr von als wenn die ohne uns eh spionieren.

    • Carsten Says:

      … Und die Polizei sollte für die organisierte Kriminalität arbeiten. Ist wesentlich lukrativer und Verbrechen gibt es eh.

  7. ribi Says:

    aron: wir können nur hoffen, dass nsa -akten mal freigegeben werden, dann können wir alle sehen, ob die nsa hilfreich oder mythos war! ich erinnere an die cia, welche von freund und feind hochgeschrieben wurde, ohne je ein mossad zu sein!ich erinnere an das buch von weiner, das auf 50.00 freigegebenen akten beruht! einfach zu behaupten, die usa gibt uns tolle infos, dürfte zu einfach sein! macht die springer untertanenpresse, die scheinbar den einen oder anderen nazi-enkel in den körperöffnungen einer fremden macht verarbeiten will! ein deutscher geheimdienst hat deutsche interessen zu schützen und sich an deutsche gesetze zu halten, da ist dem ex-springermann blome mal zuzustimmen! ich will beweise, nicht propaganda, egal von wem! akten nicht legenden!

  8. ribi Says:

    aron: man muss mir dir nicht immer einer meinung sein, aber anders als bei vielen pseudolinken foren, lässt du jeden zu wort kommen und löscht nicht einfach so dessen antworten, respekt!!

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