Man kann über Edward Snowden sehr unterschiedliche Meinungen haben. Eines aber sollte man ihm nicht unterstellen: Übergroße Bescheidenheit. Eine „Weihnachtsansprache“ hielt er jetzt im britischen Fernsehen. In Papstmanier. Als Gewissen der Welt. Wir wissen das so genau, weil sämtliche deutschen Medien pflichtschuldig den Begriff nachplapperten.
Noch einmal: Vom Sinn der Snowdenschen Enthüllungen ist hier nicht die Rede, sondern von einem medienkulturellen Phänomen. Dass Snowden sich als zentrale moralische Institution der westlichen Welt inszeniert, mag man ihm von mir aus gestatten. Ebenfalls bekannt ist unsere popkulturell geschürte Sehnsucht nach protestästhetischen Heldenfiguren in der Nachfolge Ches.
(Dr. Alexander Gutzmer – Die Achse des Guten)
In Europa und den USA sind wir mit unseren Regierungen, die uns nicht die totale digitale Freiheit garantieren, zwar furchtbar unzufrieden – wirkliche Angst vor einer realen Verfolgung hat jedoch niemand.
Trotz aller Empörung weiß man ganz genau, dass bei uns wohl kaum irgendwelche kleinbürgerlichen Internet-Che-Guevaras im Visier der Sicherheitsapparate stehen.
Snowden ist mit sensiblen Daten zu Staaten gelaufen, die zwar nicht über dieselben technischen Möglichkeiten zur Erlangung von Informationen verfügen, jedoch bei der missbräuchlichen Nutzung wesentlich uneingeschränkter sind.
Auch wenn der russische Geheimdienst nicht die Möglichkeit hat, auf die Daten von Google oder Facebook zuzugreifen, ist die Freiheit der ungestraften Meinungsäußerung keineswegs größer.
Wie Russland mit einem Fall Snowden umgegangen wäre, kann man sich angesichts des Schicksals von Litwinenko leicht ausmalen.
Angebliche Helden des Journalismus wie Assange oder Snowden haben nichts Neues enthüllt – die Wikileaks-Veröffentlichungen enthielten keinen einzigen echten Skandal.
Dass das Internet nach Terroristenaktivitäten etc. durchsucht wird, war längst bekannt. Die Vorratsdatenspeicherung von Handy-Gesprächen ist in Deutschland unlängst gesetzlich beschlossen worden. Niemand würde etwas strafrechtlich Heikles über E-Mail oder SMS kommunizieren.
Snowden hat jedoch wie Wikileaks Feinden unseres Systems zur Waffengleichheit verholfen.
Auch Julius Rosenberg wurde einst von allen links-guten Menschen als Märtyrer verehrt.
Letztlich war er jedoch nur der Handlanger eines miesen Systems, welches durch seinen Verrat die Möglichkeit erhielt, rechtzeitig die Waffen zu beschaffen, die es benötigte, um halb Europa 45 Jahre lang zu unterjochen.