Zwei Attentäter von Paris hielten sich vor den Anschlägen offenbar in Syrien auf. Einer soll mit syrischem Pass nach Europa eingereist sein. Ermittlern zufolge war das Dokument gefälscht – dass es gefunden wurde, gehörte zum Plan.
(Spiegel, 15.11.2015)
Dass es zum Plan gehört haben soll, ist reine Spekulation.
Eine viel einfachere und wahrscheinlichere Erklärung bestünde darin, dass er das Dokument brauchte, um sich bis zur Ausführung des Anschlags bei Kontrollen ausweisen zu können.
Vor nicht einmal zwei Wochen hatte uns übrigens ein Spiegel-Chefreporter noch darüber aufgeklärt, wie gering das Risiko eines Anschlags durch als syrische Flüchtlinge getarnte IS-Terroristen wäre:
Es geht derzeit also um höchstens zehn mutmaßliche Terroristen. Zehn unter Hunderttausenden, die in den vergangenen Monaten nach Deutschland gekommen sind. Und selbst diese zehn sind nicht etwa rechtskräftig verurteilte IS-Milizionäre, sondern Verdachtsfälle, in denen ermittelt wird.
(Spiegel, 03.11.2015)
Hätte der Verfasser jenes Artikels so etwas wie ein Gehirn, wäre er wohl in der Lage gewesen zu erkennen, dass die wenigen Verdachtsfälle nichts über die tatsächliche Zahl an IS-Terroristen aussagen, sondern lediglich belegen, dass IS-Terroristen in den anonymen Flüchtlingsmassen für die Behörden nicht identifizierbar sind.
Um Terrorakte in Europa zu begehen, ist der IS gar nicht darauf angewiesen, Kämpfer als Flüchtlinge zu tarnen. Hunderte deutsche Islamisten und Tausende Dschihadisten aus der Europäischen Union halten sich freiwillig in dem Gebiet auf, das der IS kontrolliert. Sie können jederzeit nach Deutschland einreisen.
Würden jene EU-Bürger mit ihren echten Identitäten wieder einreisen, würden sie im Gefängnis landen.
Lassen sie sich hingegen vom IS mit syrischen Pässen ausstatten, verwandeln sie sich von gesuchten Terroristen in schutzbedürftige syrische Flüchtlinge:
Auch verfügt der IS nach Erkenntnissen der Nachrichtendienste über syrische Blankopässe und erhebliche finanzielle Mittel. Er könnte Attentäter also ausgestattet mit falschen Identitäten in Flugzeuge setzen, statt sie einer strapaziösen, mehrwöchigen Flucht auszusetzen.
Warum setzen sich wohl auch alle anderen echten und unechten Syrer mit ihren syrischen Pässen nicht einfach in Flugzeuge, sondern nehmen die strapaziöse Balkanroute in Anspruch?
Dass man für eine Flugreise nach Europa ein Visum braucht, welches im Gegensatz zu den syrischen Pässen vom IS nicht so ohne weiteres besorgt werden kann, weiß wohl selbst der dümmste Bild-Reporter.
Entweder der Spiegel-Chefreporter ist daher wirklich blöder als jeder Bild-Reporter oder er lügt bewusst.

(Jörg Diehl ist Chefreporter von SPIEGEL ONLINE)
Mein Tipp: Es handelt sich um ehrliche Blödheit (und das hat nichts mit dem Foto zu tun).