Italiens skandalumwitterter Ex-Freimaurerchef Licio Gelli ist am Dienstagabend in seiner Villa nahe der toskanischen Stadt Arezzo gestorben.
Wenn es um das Image als Bösewicht ging, konnte nicht einmal die Mafia dem Großmeister der P2-Loge das Wasser reichen.
Licio Gelli hatte als Vorlage für den besonders verschlagenen Licio Lucchesi aus der Pate III gedient.
Beim Großmeister der inoffiziellen Freimauer-Loge „P2“ hatte es sich zweiffellos um einen dubiosen Typen gehandelt, der im großen Korruptionsskandal um den Banco Ambrosiano wohl eine wichtige Rolle gespielt hatte.
Doch im Gegensatz zum österreichischen Pseudo-Logenmeister Udo Proksch, der von Wiens Schickeria immer noch verehrt und in Schutz genommenen wird, handelte es sich bei Licio Gelli wahrscheinlich nicht einmal um einen Mörder.
Der einzige Mord, für den er in Frage kommt, war wohl lediglich ein Selbstmord, auch wenn wie bei Barschel mehr hinein interpretiert und spekuliert wurde.
Auch die Umsturzpläne, die man der P2-Loge vorgeworfen hatte, sind wohl eher ins Reich der Legenden anzusiedeln und konnten (trotz der ihm gegenüber ausgesprochen verurteilungsfreudigen Richter) vor Gericht nicht nachgewiesen werden.
Verurteilt werden konnte Gelli lediglich für das Legen von „falschen Fährten“, mit denen er angeblich die Urherberschaft für den Anschlag von Bologna verschleiern wollte.
Der SISMI-General Santovito und die beiden Offiziere Musumeci und Belmonte, welche die falschen Beweismittel deponiert hatten, waren zwar tatsächlich in der P2-Loge eingeschrieben.
Die durch den SISMI beschafften Zeugen und Beweismittel hätten jedoch gerade ihren eigenen Logenmeister Licio Gelli belastet, wie dieser Spiegel-Artikel von 1983 ganz klar zeigt.
Santovito & Co dürften also trotz ihrer offiziellen P2-Mitgliedschaft nicht ihrem großen Logenmeister hörig gewesen sein, sondern ihren echten Vorgesetzten, Giulio Andreotti und Francesco Cossiga, bei denen es sich im Gegensatz zum Matratzenverkäufer Licio Gelli um die wirklich mächtigen Männer jener Epoche gehandelt hatte.