Hexenprozess geht ohne Hexe in weitere Runde

Die Aufarbeitung des Mordfalls Meredith Kercher ist ein gutes Beispiel für umgekehrten Rassismus.

Obwohl keine DNA-Spuren der angeblichen Mörder an der Leiche gefunden worden waren, sondern nur jene des Vergewaltigers, hielt die Staatsanwaltschaft an ihrer Theorie fest, dass der Mord das Werk eines weißen “Engels mit Eisaugen” gewesen sein musste: Amanda Knox habe den „armen Schwarzen“ zur Vergewaltigung und ihren italienischen Liebhaber zum Mord angestiftet.

Das Sexmonster hatte also nicht nur die beiden Männer mit ihren Eisaugen verhext, sondern hatte auch die bemerkenwerte Fähigkeit, die (unsichtbaren) DNA-Spuren vom Körper des Opfers wegzuzaubern.

Die Medien und das Gericht kauften dem Staatsanwalt die Geschichte zunächst trotzdem ab.

Für Amanda Knox ist der kafkaeske Albtraum mittlerweile zu Ende (sofern sie nicht so verrückt ist, nach Italien zu fahren, wo ihr Verfahren absurderweise noch in eine weitere Runde geht).

Für ihren italienischen “Komplizen” (der Amanda Knox gerade einmal eine Woche und den Vergewaltiger gar nicht gekannt hatte) kann es allerdings in Anbetracht der Unberechenbarkeit der italienischen Justiz noch richtig eng werden.

Der Vergewaltiger war übrigens unmittelbar vor der Tat wegen Einbruchsdiebstählen – zweimal davon mit einem Messer bewaffnet – von der Polizei festgenommen worden.

Doch die italienische Justiz hielt es nicht für nötig, ihn dafür einzusperren.

Offenbar mussten die Gefängnisplätze für wichtigere Fälle reserviert werden:

z.B. für zwei unbescholtene Studenten, die gerade im Begriff waren, bei einem teuflischen Komplott eine Mitbewohnerin zu ermorden und dabei einen “armen Schwarzen” als willenlosen Gehilfen zu missbrauchen.

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9 Antworten to “Hexenprozess geht ohne Hexe in weitere Runde”

  1. besucher Says:

    Letztendlich kommt umgekehrter Rassismus heraus, ob der Staatsanwalt allerdings einer ist glaube ich nicht. Der hängt nur in seinem Sektenwahn.

  2. American Viewer Says:

    Dieser Artikel stand auf Spiegel Online gestern den halben Tag an #3 auf der Titelseite:
    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/amanda-knox-mordfall-kercher-wird-in-italien-erneut-aufgerollt-a-924624.html

    Gesa Mayr heißt die „Journalistin“, die den Artikel geschrieben hat.
    http://www.spiegel.de/extra/a-905829.html

    Schon mindestens ein halbes Dutzend SpOn-Volontäre hat sich zum Thema ausgelassen und 5 von 6 fabrizierten Artikel dieser hinterhältigen Art. Das ist schon interessant.

    Danke für deinen Artikel, Aron, jetzt muss ich kein Artikel zum Thema schreiben. Da würde ich mich nur wieder aufregen.

    • aron2201sperber Says:

      der Spiegel-Artikel enthält wieder einmal keinerlei Fakten, sondern niederträchtige Stimmungsmache.

      dass Amanda Knox versucht hat, das „Femme Fatale“-Image, das ihr der Staatsanwalt verpasst hatte und die Medien völlig unkritisch übernommen hatten, abzustreifen, ist wohl mehr als verständlich, wenn man sich etwas mit dem Fall beschäftigt hat.

  3. UDO Says:

    Für 2 Einbrüche wird man doch fast nirgends mehr eingesperrt,in Deutschland bekommt man sogar Bewährung wenn men jemanden ermordet,das heisst dann Totschlag wegen 20cent.

    In Bremen wurde ein über 40 mal Vorbestrafter mit 2kg Kokain erwischt-BEWÄHRUNG wegen HAFTEMPFINDLICHKEIT dabei lachen diese Typen über die Haft und werden von ihren Familien auch nicht ausgestossen sondern als Helden verehrt.

  4. aron2201sperber Says:

    Tragisch ist dabei nicht nur, dass zwei Menschen jahrelang unschuldig in Haft waren, sondern auch dass sich die Familie des Opfers mit der Staatsanwaltschaft solidarisiert, obwohl der Vergewaltiger und wohl auch Mörder der Tochter dank der Staatsanwaltschaft mit äußerst milden 16 Jahren davonkam.

    Man kann sich das vielleicht damit erklären, dass die Familie das Gefühl hatte, die Staatsanwaltschaft habe sich außerordentlich engagiert, indem sie alles versucht hatte, um ein Mordkomplott gegen die Tochter aufzudecken.

    Für dieses bedingungslose Engagement ist man dankbar, auch wenn es wohl kaum zur Aufklärung des Mordfalls beigetragen hatte.

    Im Gegenteil: aufgrund der Verschwörungstheorie ist der Vergewaltiger und (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) Mörder der Tochter mit einer äußerst milden Strafe davongekommen.

    gerade in Italien hat das Instrumentalisieren der Opferangehörigen eine lange Tradition.

    In Italien gelang es Linken nach ungeklärten Terroranschlägen die Angehörigen der Opfer politisch zu instrumentalisieren, da sie den Willen zur Aufdeckung besonders perfider Verschwörungstheorien als besonderes Engagement für die Opfer wahrnahmen.

    auch der Fall Buback, bei dem der Sohn eine staatliche Verschwörung nachzuweisen versuchte, weist ähnliche Mechanismen auf:

    Opfer und Täter in trauter Zweisamkeit

  5. Instrumentalisierte Opfer | Aron Sperber Says:

    […] Gegenteil: aufgrund der Verschwörungstheorie ist der Vergewaltiger und (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) Mörder der Tochter mit einer äußerst milden Strafe […]

  6. aron2201sperber Says:

    dass der Vergewaltiger unmittelbar vor der Tat wegen mehreren Einbruchsdiebstählen – zweimal davon mit einem Messer bewaffnet – von der Polizei festgenommen worden war, jedoch von der italienischen Justiz wieder laufengelassen worden war, ist ein Aspekt, der in der ganzen Diskussion viel zu wenig vorkommt.

    und zwar nicht nur hier, sondern generell.

    wäre er in Untersuchungshaft gesessen, wie es sich für einen überführten bewaffneten Einbrecher gehört hätte, wäre es wohl gar nicht zum Fall Kercher gekommen.

    die italienische Justiz hat es jedoch sehr gut verstanden, vom eigentlichen Skandal abzulenken:

    Instrumentalisierung von Opferangehörigen

  7. Der eigentliche Skandal im Fall Kercher | Aron Sperber Says:

    […] der Verschwörungstheorie der Staatsanwaltschaft ist der Vergewaltiger und (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) Mörder der Tochter mit einer äußerst milden Strafe […]

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